Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.
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Lied Evang. Gesangbuch 651 – „Ubi caritas“
Ubi caritas et amor, ubi caritas, deus ibi est.
Wo die Liebe wohnt und Güte, wo die Liebe wohnt, da ist unser Gott.
Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.
Wenn der Herr nicht das Haus baut,
so arbeiten umsonst, die daran bauen.
Wenn der Herr nicht die Stadt behütet,
so wacht der Wächter umsonst.
Wirke du in uns, Herr,
stärke unsere Hände, dass wir nicht umsonst arbeiten,
leite unsere Füße, dass sie auf dem rechten Weg bleiben,
erfülle unsre Herzen mit Vertrauen und Liebe zu dir. Amen.
Am Abend aber gingen seine Jünger hinab an das Meer, stiegen in ein Boot und fuhren über das Meer nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden und Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen. Und das Meer wurde aufgewühlt von einem starken Wind. Als sie nun etwa fünfundzwanzig oder dreißig Stadien gerudert waren, sahen sie Jesus auf dem Meer gehen und nahe an das Boot kommen; und sie fürchteten sich. 20 Er aber spricht zu ihnen: Ich bin's; fürchtet euch nicht! Da wollten sie ihn ins Boot nehmen; und sogleich war das Boot am Land, wohin sie fahren wollten.
Predigt zu Johannes 6,16-21
Liebe Gemeinde,
An einem lauen Sommerabend ins Boot steigen und über das Wasser fahren, das muss herrlich sein. Da kann man die Abendsonne gut sehen, wie sie am Horizont langsam untergeht. Und das aufgeregte Treiben am Ufer rückt in weite Ferne und Ruhe kehrt ein. Sanft spürt man die Wellen und den Wind. Und beim Eintauchen der Paddel hört man es leise plätschern. Herrlich.
Wie schnell so eine Idylle aber auch vorbei sein kann, wie schlagartig alles anders werden kann von einem Moment auf den anderen, erzählt unsre Lesung aus der Bibel. In manchen Gegenden muss man auf so was gefasst sein. Hier mag das selten vorkommen. Der See Genezareth in Israel hingegen ist bekannt dafür, dass plötzlich starke Fallwinde aufkommen, die das Wasser in kürzester Zeit gefährlich aufwühlen können. Und genau diese Situation wurde den Freunden Jesu zum Verhängnis, wie unsere Lesung schilderte. Eine ganze Stunde lang mussten sie dort gegen den Wind und die aufgepeitschte Gischt kämpfen. Eine ganze Stunde lang. Soviel Kraft muss man erst einmal haben.
Ich stelle mir vor, wie das gewesen ist als die 12 Freunde mit einem Segelboot über den See fuhren. Die Dämmerung hat etliche schläfrig gemacht. Plötzlich ruft einer: "Wir müssen das Segel einholen. Der Wind ist zu stark. Es wird reißen!" Das Schiff schaukelt wie wild hin und her. Das Segel tropft, alles ist nass, das Holz glitschig und rutschig. Man muss sich festhalten. Egal was passiert, jeder muss sich IMMER irgendwo festhalten, nie die Hände vom Boot nehmen! Wenn einer ins Wasser fällt, gibt es kein zurück! Gar nicht so einfach, da das Segel einzuholen. Das Herz hämmert wie wahnsinnig. Das Adrenalin dämpft den Höllenlärm, das ganze Geknalle und Geknarze des Bootes. Winzig klein fühlt man sich da, verloren hier draußen unter den Wellen.
Geht es uns mit Corona nicht ähnlich? Seit Monaten reibt das Virus schon unseren Alltag auf. Die große erste Welle konnten wir hier in Deutschland gut abgefangen. Aber die zweite Welle, die rollt vielleicht gerade auf uns zu und wir sind mittendrin mit unserem Boot. Ist unsere Mannschaft an Bord stark genug? Kann sie auch Fehler beim Testen wieder wettmachen? Und sind wir gut gerüstet? Eigentlich ist das Virus doch nur winzig klein, nur einige Nanomillimeter groß. Schon komisch, dass so etwas Winziges uns völlig aus dem Takt bringen und den Alltag im Nu aufwühlen kann wie die Fallwinde den See Genezareth.
Unsrer Kirche haben die Turbulenzen der letzten Monate nicht sonderlich gutgetan. Waren doch für Wochen ihre Bänke gähnend leer. Und auch seitdem Gottesdienste wieder möglich sind, hält sich die Zahl der Besucher doch sehr bedeckt. Manchmal sind es nur eine Hand voll Besucher. Das ist nicht nur in Happurg soder Kainsbach so. Nicht ohne Grund titelte deshalb vor einigen Tagen die Hersbrucker Zeitung: Bänke und Kassen der Kirchen sind leer. Besonders schmerzlich ist dabei, dass gerade in den Zeiten wo Trost und Ermutigung besonders wichtig sind, die Bänke doch recht leer bleiben. Das wirft viele Fragen auf: Hält die Sorge um die Gesundheit Menschen vom Gang zur Kirche ab? Oder erreicht sie die Menschen nicht? Ist sie zu abgehoben, zu weit weg? Oder braucht man sie einfach nicht mehr so sehr? Braucht man keine Orte mehr, wo man gemeinsam betet und sich einander im Glauben ermutigt? Vielleicht genügt ja ein Spaziergang um den See, genügen ein paar ruhige Minuten für sich, wo man alles mit sich ausmacht. Vielleicht hat Gott auch einfach keinen Platz mehr im Lebensalltag. Es gibt zu viel anderes, das wichtiger scheint. Corona verschärft gewiss die Situation, aber die Zahlen der Kirchenmitgliedschaft in Deutschland waren schon davor alles andere als rosig, so dass schon ohne Corona klar wurde: die Kirchen haben alles andere als ruhiges Kielwasser. Immer wieder habe ich das Gefühl, dass es allen denen, die mitanpacken geht wie den Jüngern. Sie tun und machen, strengen sich an, investieren Kraft und Zeit, aber das Schaukeln will kein Ende nehmen.
„Als sie nun etwa eine Stunde gerudert hatten, sahen sie Jesus auf dem See gehen und nahe an das Boot kommen; und sie fürchteten sich. Er aber sprach zu ihnen: ich bin’s, fürchtet euch nicht!“
Unvorstellbar, dass einer über den See läuft. Manche begegnen dieser Geschichte dann auch mit einer Prise Humor. Zum Beispiel so:
Ein Tourist kommt an den See Genezareth. Dort steht ein kleines Boot zur Überfahrt bereit. Er geht hin und fragt den Bootsführer: "Entschuldigen Sie, was kostet die Fahrt?"
Der Bootsmann schaut ihn an und sagt: "70 Schekel!"
"70 Schekel? Das ist aber ganz schön happig!"
"Aber hören Sie, das ist der See Genezareth, über diesen See ist Jesus zu Fuß gegangen!"
"Kein Wunder, bei d e n Preisen!"
Was tut man nicht alles fürs Sparen.
Man kann diese Geschichte von Jesu Wandel über den See aber auch etwas ernsthafter verstehen. Denn es bei ihr geht gar nicht darum, ob die Bibel hier einen Tatsachenbericht schildert. Interessant ist vielmehr, die Botschaft, dass die Jünger in ihrem Schiff nicht alleingelassen werden. Jesus kommt ihnen mitten in der Gefahr nahe, gibt sich zu erkennen und macht ihnen Mut. So erzählt die Geschichte, dass wir Jesus brauchen, um ans Ziel zu gelangen. Allein schaffen wir das nicht. Da können wir uns noch so anstrengen. Wir brauchen Gottes Beistand für unsere Kirche wie für unsere Gesundheit. Wir schaffen nicht alles mit unseren Händen. Es gilt, was schon ein altes Psalmwort sagte: „Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Kirche ist mehr als nur eine Institution. Wo Kirche sich ereignet, wo Menschen im Namen Jesu zusammenkommen, das Evangelium verkündigen, die Sakramente empfangen, da wirkt Gott. Er wirkt durch unsere Hände, durch unsere Worte. Er nimmt uns wie ein Werkzeug in Anspruch, jeden auf seine Weise.
Und weiter heißt es dann in der Geschichte: „Da wollten sie ihn ins Boot nehmen.“ Die Jünger fackelten also nicht lange. Sie begriffen, wie sehr sie Jesus brauchen und waren bereit, ihn aufzunehmen. So werden sie zum Vorbild für uns. Wo auch immer uns Jesus begegnet, sollten wir ihn aufnehmen wie die Jünger. Die Kirchen und ihre Gottesdienste helfen uns dabei.
Wenn man an unsere Kirche denkt mit Turm, Chor und Kirchenschiff, dann schwingt da beim architektonischen Fachausdruck die Vorstellung mit, dass die Kirche aber auch wir selbst unterwegs sind mit einem Schiff. Und so ein Schiff braucht Gottes Beistand, damit ich mich in turbulenten Momenten nicht verloren fühle. „Ich bin’s. Fürchte dich nicht!“ Immer wieder brauchen wir diesen Zuspruch. Daran erinnert die Geschichte aus dem Johannesevangelium. Im Kirchenschiff machen wir uns immer wieder neu bereit für die Begegnung mit Gott, wenn wir singen und beten und auf sein Wort hören. Darum ist für mich dieser Ort so wertvoll. Darum bin ich froh, dass wir dieses alte Schiff bei uns im Ort stehen haben. Und Gott lädt uns immer wieder neu ein, miteinzusteigen, nicht alleine zu segeln, sondern in Gemeinschaft mit anderen. Da segelt es sich leichter, da macht uns einer Mut, da spricht uns einer zu: „Ich bin’s. Fürchte dich nicht!“
Lass mich nicht nur vom Glück träumen
oder mich darnach sehnen
oder immerzu davon reden.
Herr, lass mich zu dir kommen,
mit dir sprechen,
hilf mir beten.
Schenke du mir Kraft,
lass mich Frieden finden
und alles überwinden, was meine Wege wegführt von dir.
Herr, schenke mir deine Pflege und bleibe du bei mir.
(Oskar Loy)
Vater unser ...
Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen
leg ich meinen Tag in deine Hand.
Sei mein Heute, sei mein gläubig Morgen,
sei mein Gestern, das ich überwand. Amen.
(Edith Steint)
Autor: Pfarrer Gottfried Kaeppel
Happurg 16.08.20
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.
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Lied Evang. Gesangbuch 651 – „Ubi caritas“
Ubi caritas et amor, ubi caritas, deus ibi est.
Wo die Liebe wohnt und Güte, wo die Liebe wohnt, da ist unser Gott.
Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.
Wenn der Herr nicht das Haus baut,
so arbeiten umsonst, die daran bauen.
Wenn der Herr nicht die Stadt behütet,
so wacht der Wächter umsonst.
Wirke du in uns, Herr,
stärke unsere Hände, dass wir nicht umsonst arbeiten,
leite unsere Füße, dass sie auf dem rechten Weg bleiben,
erfülle unsre Herzen mit Vertrauen und Liebe zu dir. Amen.
Das Wort des HERRN erging an mich, er sagte zu mir: »Noch bevor ich dich im Leib deiner Mutter entstehen ließ, hatte ich schon meinen Plan mit dir. Noch ehe du aus dem Mutterschoß kamst, hatte ich bereits die Hand auf dich gelegt. Denn zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt.« Ich wehrte ab: »Ach, HERR, du mächtiger Gott! Ich kann doch nicht reden, ich bin noch zu jung!« Aber der HERR antwortete mir: »Sag nicht: 'Ich bin zu jung!' Geh, wohin ich dich sende, und verkünde, was ich dir auftrage! Hab keine Angst vor Menschen, denn ich bin bei dir und schütze dich. Das sage ich, der HERR.« Dann streckte der HERR seine Hand aus, berührte meine Lippen und sagte: »Ich lege meine Worte in deinen Mund. Von heute an hast du Macht über Völker und Königreiche. Reiße aus und zerstöre, vernichte und verheere, baue auf und pflanze an!«
(Bibelübersetzung: Gute Nachricht)
Predigt zu zu Jeremia 1,4-10
Liebe Gemeinde,
hier legt einer dar, warum er nicht schweigen konnte, sondern reden musste. Hier will einer erklären, warum er sich das Recht herausnimmt, bei gesellschaftlichen und politischen Missständen, den Finger in die Wunde zu legen. Hier erzählt einer, woher er seine Legitimation hat, zu predigen. Es ist der Prophet Jeremia, der hier seine Berufungsgeschichte erzählt und sich damit wichtig macht. Er erzählt, dass das Wort des Herrn zu ihm erging. Wann, wie und wo das geschah, erfahren wir nicht. Nur der Inhalt jenes Worts ist für ihn von entscheidender Bedeutung. So erfährt Jeremia, dass Gott, der ihn erschuf, längts über sein Leben entschieden hat. Und das sei nicht erst am Tag der Berufung geschehen, auch nicht bei der Geburt, sondern schon während der Schwangerschaft seiner Mutter als er noch im Bauch war. In freier Wahl hat Gott ihn da schon für seinen Dienst auserwählt und ihn zum Propheten für die Völker bestellt. Gefragt, ob er das will, wurde Jermia nicht.
Am Tag der Berufung wagt Jeremia den Einspruch und stellt fest, dass er sich diesem Auftrag Gottes nicht gewachsen sieht. Zum einen sagt er, fehle ihm die Gabe zu reden und zum anderen habe er weder Erfahrung noch die nötige Reife des Alters. Ein verständlicher Einwand. Denn damals wurde in Israel das Wort der Alten mit ihren Lebenserfahrungen besonders geachtet. Doch Gott lässt den Einwand nicht gelten. Gott fühlt sich bei seiner Auwahl nicht an die Fähigkeiten des Menschen gebunden. Ob Jeremia taugt oder nicht, diese Entscheidung macht Gott zu seiner eigenen Sache.
Für uns heute wäre das unvorstellbar, nicht selbst entscheiden zu dürfen, was man will und ob man sich einer Aufgabe gewachsen sieht. Wir legen großen Wert auf die Selbstbestimmung. Aber ob wir wirklich in allen Bereichen unseres Lebens die Dinge wirklich selbstbestimmt in Händen halten, bezweifle ich. Wer konnte schon beeinflussen, in welche Familie er hineingeboren wurde, in welchem Land er aufwuchs, wie gesund er ist, welche Gaben man hat. Es gibt so Vieles im Leben, das uns vorgegeben ist. Im Grunde sind wir ohne unser Zutun an einen Ort gestellt im Leben, wo wir gefordert sind, uns nach bestem Wissen und Gewissen einzubringen. Und wenn ich mich so umschaue in Schupf, dann sehen ich hier viele, die das ernst nehmen, die sich nicht nur aufs Zuhause konzentrieren, sondern auch in der Dorfgemeinschaft einbringen, in der Feuerwehr, bei den Kirwaboum, im Schützenverein, in der Kirchengemeinde. Und wo auch immer wir uns einbringen, merken wir: Es geht nicht immer alles leicht von der Hand. Manchmal muss ich auch etwas tun, was einem nicht so liegt. Aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben.
Jeremia sieht sich vor Aufgaben gestellt, denen er sich nicht gewachsen fühlt. So bestimmend Gott ihn auch fordert, nicht zu kneifen, sondern sich den Aufgaben zu stellen, so bestimmend Gott ihn Gott auch fordert, so lässt er ihn doch nicht allein. Gott sagt ihm: „Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich bin mit dir und will dich erretten.“ Kraftvolle Worte sind das, die dem Jeremia zugesprochen werden, Worte, die Mut machen sollen, aber auch durchblicken lassen, wie schwierig es werden würde. Denn errettet werden muss man schließlich nur aus Situationen, die brenzlig sind. Und dennoch fügt sich Jeremia dem Auftrag Gottes. Wer sich mit der Person des Propheten genauer beschäftigt, der wird merken, dass Jeremia das nicht immer leicht fiel. Immer wieder fehlten im das nötige Selbsvertrauen und Gott vertrauen. Immer wieder plagten ihn Zweifel über sich selbst und an Gott. Immer wieder fragte er sich: Ist es nützlich, was ich tue? Verändert sich was durch mein Reden? Hat mein Wort überhaupt eine Bedeutung? Das macht den Jeremia so ehrlich menschlich. Er ist kein strahlender Held, sondern einer, der sich durchbeißen muss. Gerade deshalb wird er für uns zum Vorbild, sich wie er, seinen Aufgaben zu stellen und die Herausforderungen, die damit verbunden sind, anzunehmen.
Nun geht es in der Berufungsgeschicht nicht um irgendwelche Aufgaben, sondern ganz konkret darum, dass Gott Jeremia für seine Dienste in Anspruch nimmt. Jeremia soll predigen und Gottes Wort weitergeben. Und er soll dabei auch dorthin gehen und Menschen ansprechen, wo er auf Ablehnung stößt. Gottes Auftrag beinhaltet keinen Kuschelkurs, er fordert Menschen ganz und gar. Zugleich macht aber die Berufungsgeschichte auch deutlich: Der Erfolg hängt nicht an Jeremia. Er ist nur der Überbringer von Gottes Wort, von seiner Botschaft. Der Erfolg hängt an Gott selbst.
Gerade in einer Zeit wo die Kirchen es immer schwerer haben, Menschen anzusprechen. In einer Zeit, wo die Kirchen leerer werden, da tut es gut, sich daran zu erinnern: Die Kirche hängt nicht von uns ab, sondern von Gott. Wir sind nur seine Gemeinde, wir sind nur die Boten, die er in Dienst nimmt für sein Werk und jeder hat da seine ganz eigene Bestimmung und Aufgabe. Aber ob es gelingt und wie es gelingt, was wir tun für die Gemeinde, liegt in Gottes Hand. Wir mögen da und dort zweifeln wie Jeremia. Wir mögen danach fragen, wo Gott überhaupt ist, warum er es uns so schwer macht in diesen Tagen, warum er, der Gott des Lebens, so große Not wie im Libanon zulässt? Gerade solche Not lässt doch andere behaupten: Wir sind auf uns gestellt. Es gibt keinen Gott, der uns hilft.
Die Berufungsgeschichte Jeremias hält dagegen und sagt: Gott lebt und er greift ein mitten in das Leben. Er gebraucht Menschen wie ein Werkzeug, er redet und spricht zu uns bis heute durch seine Boten. Es ist nicht wahr, dass er nicht handelt und dass er schweigt. Wahr ist, dass er schon vor Zeiten geredet hat durch seine Propheten und vor allem durch seinen Sohn Jesus Christus. Es geht darum, die Ohren offenzuhalten für die Stimme Gottes, die auch heute noch zu uns spricht. Die Kirchen sind Ressonanzräume der Stimme Gottes. Sie sind Orte, wo Gott selbst zur Sprache kommen soll, wo er redet, wo sein Wort im Mittelpunkt steht. Und ich habe das Gefühl, dass gerade unsere Zeit, wo so viele Worte gemacht werden, wo sich alles um uns dreht, dass gerade unsere Zeit die Stimme Gottes besonders braucht.
Lass mich nicht nur vom Glück träumen
oder mich darnach sehnen
oder immerzu davon reden.
Herr, lass mich zu dir kommen,
mit dir sprechen,
hilf mir beten.
Schenke du mir Kraft,
lass mich Frieden finden
und alles überwinden, was meine Wege wegführt von dir.
Herr, schenke mir deine Pflege und bleibe du bei mir.
(Oskar Loy)
Vater unser ...
Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen
leg ich meinen Tag in deine Hand.
Sei mein Heute, sei mein gläubig Morgen,
sei mein Gestern, das ich überwand. Amen.
(Edith Steint)
Autor: Pfarrer Gottfried Kaeppel
Happurg 09.08.20
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.
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Lied Evang. Gesangbuch 482 – „Der Mond ist aufgegangen“
Eröffnung und Psalm 34 allein oder im Wechsel
Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Ich will den Herrn loben allezeit;
sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.
Meine Seele soll sich rühmen des Herrn,
dass es die Elenden hören und sich freuen.
Preiset mit mir den Herrn
und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen!
Da ich den Herrn suchte, antwortete er mir
und errettete mich aus aller meiner Furcht.
Da auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude,
und ihr Angesicht wird nicht beschämt.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist
wie im Anfang so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.
Brüder und Schwestern, das bedeutet: Wir sind unserem irdischen Leib gegenüber nicht mehr verpflichtet, so zu leben, wie es unsere irdische Gesinnung verlangt. Wenn ihr nämlich so lebt, wie es eurer irdischen Gesinnung entspricht, müsst ihr sterben. Wenn ihr aber mithilfe des Heiligen Geistes eure irdischen Gewohnheiten tötet, werdet ihr leben. Alle, die sich vom Geist Gottes führen lassen, sind Kinder Gottes. Ihr habt ja nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht. Dann müsstet ihr doch wieder Angst haben. Ihr habt vielmehr einen Geist empfangen, der euch zu Kindern Gottes macht. Weil wir diesen Geist haben, können wir rufen: »Abba! Vater!« Und derselbe Geist bestätigt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Wenn wir Kinder sind dann sind wir aber auch Erben Erben Gottes und Miterben von Christus. Voraussetzung ist, dass wir sein Leiden teilen. Denn dadurch bekommen wir auch Anteil an seiner Herrlichkeit.
Familie, liebe Gemeinde, Familie haben alle! Jede und jeder hier in Kainsbach hat eine Familie. Auch die, die sich einsam fühlen und alleine leben. Denn jeder hat Vater und Mutter, Großeltern und Urgroßeltern. Jeder hat eine Herkunftsfamilie, auch wenn jemand als Waise seine Eltern nie kennengelernt hat. Alle haben eine Familie aus der sie stammen und in die sie stark oder weniger stark verwurzelt sind.
Die Familie, von der ich herkomme, hat mein Leben geprägt. Im Schutz meiner Familie habe ich laufen gelernt, habe Schritt für Schritt immer mehr von der Welt entdeckt und viele Erlebnisse in mich aufgenommen. Die Erinnerungen an viele dieser Erlebnisse begleiten mich bis heute. Wenn ich von Ferien erzähle, die ich im Schwarzwald zusammen mit meiner Familie verbracht habe, dann werden in mir schöne alte Kindheitserinnerungen wach. Wenn ich von meinen Großeltern, Eltern oder Geschwistern erzähle, - und da gäbe es viel zu erzählen – dann ist das alles ein Stück meiner Lebensgeschichte und ein Teil meiner eigenen Identität.
Manche Menschen fällt es schwer, von ihrer eigenen Familie zu erzählen. Vielleicht, weil sie selbst keine so schönen Erinnerungen an ihre Familie haben. Vielleicht, weil sie einsam sind, ihre Familie vermissen oder sie sich nur zu gerne eine Familie um sich herum wünschen.
Alle Menschen haben Familie, aber nicht alle Menschen haben eine glückliche Familie und nicht alle Menschen leben in einer Familie.
Einsame Menschen sehnen sich nach anderen, die ihr Leben mit ihnen teilen oder wenigstens immer wieder einen Moment mal für sie Zeit haben. Diese Sehnsucht zeigt, wie sehr wir Menschen einander brauchen. Die Beziehung zwischen den Menschen schafft Lebensfreude. Umgekehrt zerfällt diese Lebensfreude, wenn Beziehungen fehlen oder zerbrechen.
Immer wieder lese ich in der Zeitung oder im Internet Berichte von Familientragödien. Es sind schlimme Bilder, die da in mir aufsteigen. Bilder von Streit, Hass, Wut und Verzweiflung. In manchen Familien herrscht ein roher Umgangston. Keiner spricht wirklich mit dem anderen. In manchen Fällen rutscht vielleicht auch mal die Hand aus und erleben Menschen gewalttätige Züchtigungen. In wieder anderen Familien lebt jeder nur für sich. Da gibt es nichts Gemeinsames. Einige Jugendliche werden auch in Internate weggeschoben von zu Hause. Auf einer Internetseite über Straßenjugendliche in Deutschland habe ich erfahren, dass eine der Ursachen für das Verlassen der Familie die angespannte Beziehung der Kinder und Jugendlichen zu ihren Eltern ist.
Menschen brauchen Beziehungen, in denen sie Achtung und Wertschätzung spüren und in denen sie das Gefühl bekommen, geliebt zu sein. Der Umgang untereinander, den Menschen in ihrer Familie erlebt haben, prägt sie. Diese Erlebnisse begleiten und beschäftigen sie auf ihrem ganzen Lebensweg.
Wie kann sich in zerrütteten und zerstrittenen Familien wieder ein wertschätzendes Leben entfalten? Als ich bei der Vorbereitung auf diese Predigt zu verstehen versuchte, was der Apostel Paulus in seinem Brief den Menschen in Rom wirklich sagen wollte, glaubte ich, dass in diesen Zeilen vielleicht ein hilfreicher Impuls stecken kann.
In dem Brief ist auch von einer Beziehung die Rede. Dort geht es um die Beziehung zwischen Gott als Vater und seinen Kindern. Voller Vertrauen auf ihren Vater rufen, vielleicht auch schreien die Kinder: Vater, Vater! Sie rufen, weil sie innerlich spüren: Dem kann ich vertrauen. Das ist mein Vater und ich bin sein Kind. Er sorgt für mich, er ist für mich da. Hier wird deutlich: Gott will eine Beziehung, in der wir uns geliebt fühlen. Gott will eine Beziehung, in der wir uns frei fühlen von Furcht und Zwängen. Gott befiehlt nicht, dass die Kinder sich ihm zuwenden. Nein, er lässt ihnen die Freiheit, sich ihm zu oder abzuwenden. Von der liebe-vollen Zuwendung Gottes ist das Kind aber so ergriffen, dass es unbe-dingt haben will, dass Gott zu ihm herschaut, es sieht und sich an ihm freut. Dieses Rufen zeugt von großem Vertrauen auf Gott und seine Hilfe.
Diese Beziehung von Gott und seinen Kindern ist für mich ein Vorbild, wie Menschen in einer Familie miteinander umgehen können. Da ist die Aufmerksamkeit Gottes und das Vertrauen der Kinder.
In einer zerstrittenen Familie kann es oft wichtig sein, erst einmal miteinander ins Gespräch zu kommen und das Problem zu klären. Manchmal sind die Emotionen so stark, dass ein solches Gespräch sehr schwierig wird. Den anderen dann mit Argumenten unbedingt zum wertschätzenden Umgang zu überreden, funktioniert nicht. Menschen müssen sich von innen her ändern. Das können wir selber aus unserer Kraft heraus nicht tun.
Die herzliche Beziehung Gottes zu uns, dem Vater, dem ich alle Sorgen ans Herz legen kann, ist ein gutes Vorbild fürs Miteinander. Ihm kann ich all das zu Füßen legen, was mich belastet. Sollte es mir schwerfallen, zu beten, so kann ich Gott um Hilfe bitten. Er kann mir helfen, den Kontakt zu ihm zu erneuern. Er kann mich öffnen und verändern genauso wie den Menschen, der mir das Leben so schwer macht. Ich kann beten: „Lieber Vater, hilf mir zu einem neuen guten Miteinander.“ Im Gebet darum bitten und betteln ist nicht umsonst. Davon bin ich überzeugt.
Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Gebe Gott, dass sein Geist uns anrührt mit einem so starken Vertrauen zu ihm. Wenn wir selbst so vertrauen und täglich unser Leben im Gebet vor Gott tragen, können wir auch für andere Menschen, die familiäre oder andere Pro-bleme haben, ein Zeugnis sein. Ein Zeugnis, wie Gott Herzen berührt, verändert, erneuert und immer neu die Hoffnung für ein gutes Miteinander wachhält.
Song: „Du machst alles neu“ von „Könige und Priester“
Herr, du und nicht ich, du bist es allein,
was ich meine, was ich suche und nicht ich.
Herr, du weißt alle Dinge und kennst alle Herzen:
du weißt, dass mir dies fest im Sinne ist.
Herr, tue an mir, deiner armen Kreatur, was dir zum Lobe gereicht.
Gehe es, wie es wolle, dein Lob will ich sprechen,
so lange Atem in meinem Munde ist.
Vater unser ...
Bestärke uns, Herr, in der Gewissheit,
dass dein Reich an jedem neuen Tag beginnt
und du uns unmerklich, aber sicher
zu deiner Liebe führst, die wir spüren, indem wir sagen:
„Herr, bleibe bei uns an diesem Tag, der schon zu Ende geht, in dieser Nacht, die anbricht, und auch an dem Tag, der danach kommt.
Bleibe bei uns bis in alle Ewigkeit.“
Amen.
(Gebet von Pierre Griolet)
Autor: Pfarrer Gottfried Kaeppel
Happurg 19.07.20