Kirchengemeinden Happurg und Kainsbach

Evangelisch-Lutherische Kirche

Abendgebet 17 3. Sonntag nach Trinitatis

 Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Regenbogen

 

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Entzünden einer Kerze

 

Lied Evang. Gesangbuch 434 – „Schalom chaverim“

 

Schalom chaverim, schalom, chaverim schalom, schalom,
lehitraot, lehitraot, schalom, schalom.

Der Friede des Herrn geleite euch, schalom, schalom.

Der Friede des Herrn geleite euch, schalom, schalom.

 

Eröffnung allein oder im Wechsel

Herr, bleibe bei uns,

                denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.

Gott, gedenke mein nach deiner Gnade.

                Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.

                wie im Anfang so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Halleluja.

 

Gebet

Ich danken dir, Herr Jesus Christus,
dass du mich heute wieder zurückgerufen hast zu dir,
zur Anbetung vor deinem Angesicht,
zum Lobpreis alles dessen, was du für mich und meine Lieben getan hast.

Herr, räume in mir alles weg, was dem Dank gegen dich widerstrebt,
und lehre mich, mein Leben im Dank für dich und aus Dank zu dir zu leben.

Wehre aller Vergesslichkeit meines Geistes und erinnere mich durch deinen Geist, täglich an dich zu denken. Und dass der Dank immer wieder neu erkennbar werde in meinem Leben, darum bitte ich dich in dieser Stunde. Amen.

(leicht verändert, Karl Hartenstein)

 

Lesung

 

Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt              
und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils;             
der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade!

Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten           
und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.

Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen,              
wie du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast.

Predigt

Liebe Gemeinde!

Mit diesen Worten endet das Buch des Propheten Micha. Nach all den Fehltritten, die in dem Buch aufgezählt werden, nach all den Gerichtsworten und den Rechtsstreitigkeiten zwischen Gott und seinem Volk, nach all der Klage über die Verdorbenheit der Menschen, stimmt das Buch einen Lobpreis an auf Gott. Es lobt die Vergebungsbereitschaft Gottes und rückt die Hoffnung in den Vordergrund, dass Gott nicht für immer an seinem Zorn festhalten wird.

Wir wissen alle, dass die Sache mit der Vergebung ihre Schwierigkeiten hat. Es gibt Situationen im Leben, in denen kann keine Entschuldigung der Welt retten, was verloren ist. Auch nicht, wenn einem nach verrauchtem Ärger klar wird, welches Porzellan man zerschlagen hat, welchen Schaden man angerichtet und man noch so sehr darum bettelt eine neue Chance zu bekommen.

„Du sagst mir, dass du mich brauchst.  
Dann gehst du und machst mich fertig, aber warte         
du sagst mir, dass es dir leid tut
Glaubtest nicht, ich würde mich umdrehn' und sagen...“

“It‘s too late to apologize”.                 (Timbaland feat. OneRepublic)

Es gibt Situationen, in denen jedes Wort dieser Art zu spät über die Lippen kommt, in denen es zu spät ist, sich zu entschuldigen. Wir würden dann sagen: Spar dir deine Worte. Es ist zu spät. Irgendwann hat man mit einer Sache abgeschlossen und möchte das Fass nicht wieder aufmachen, man möchte das Auf und Ab der Gefühle nicht noch einmal durchleben. Allerdings könnte man aber auch anders entscheiden. So ganz endgültig ist die Abwehrhaltung vielleicht doch nicht. Es ist vielleicht nur eine Frage der Zeit und der Umstände.

Es gibt aber Situationen, in denen es äußerst fraglich ist, ob jemals die Möglichkeit besteht, entschuldigt zu werden. Wenn der Angeklagte in einem Mordprozess sein Unrecht eingesteht und sich den Angehörigen des Opfers gegenüber entschuldigt, ist nahezu klar, wie sie reagieren: Sie werden wohl das Anliegen abweisen. Sie werden wohl keine Hand reichen. Jede Geste, jedes Wort, das in Richtung Entschuldigung geht, würde sich wohl falsch anfühlen. Gibt es da überhaupt noch eine Chance auf Vergebung? Wie empfinden wir es, dass die Bereitschaft Gottes, Schuld zu vergeben, auch solche Schuld trifft?

„Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die übrig geblieben sind von seinem Erbteil; der an seinem Zorn nicht ewig festhält“. (Micha 7,18)

Mit eindrucksvollen Bildern wird in den Schlussworten des Micha-Buches die Vergebungsbereitschaft Gottes vor Augen gestellt: Gott trägt die Sünde weg, geht über Verfehlungen hinweg, tritt sie im wahrsten Sinne des Wortes platt, wirft sie in die Tiefen des Meeres, so dass sie nie mehr auftauchen kann. So anders ist Gott als wir.

Dass Gott diese Bereitschaft dazu hat, ja nicht nur das, sondern dass er es auch tatsächlich tut, zeigt, wie einzigartig Gott ist. Gott ist doch anders als wir Menschen. Wo ist so einer wie er? Da hat das Buch doch recht mit seiner Frage: „Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld“. (Micha 7,18a)

Auch unter den Religionen sticht doch diese Art des biblischen Gottes hervor.

Gott überschreitet Grenzen und tut, was wir Menschen nicht tun können, jedenfalls nicht in jedem Fall. Und begründet wird diese Haltung mit seinem Wesen: Gott ist barmherzig, gütig, treu. Er steht zu dem, was er einst geschworen hat, er hält seinen Bund. Immer wieder wird diese Bundestreue Gottes beschworen in der Bibel. So wird erzählt, dass Gott auch nach dem großen Abfall der Israeliten am Fuße des Bergs Sinai hielt, was er versprach. Als Mose die Gesetzestafel oben empfing, während die Menschen unten um ein goldenes Götzenbild tanzten und Mose dann die Tafeln vor Wut darüber zerbrach, erwies sich Gott letztlich doch als gnädig und fertigte neue Tafeln an. Immer wieder wird erzählt: „Gott ist barmherzig und gnädig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde.“ (Exodus 34,6b-7a) Ein „Aber“ klingt jedoch immer noch mit: „Aber ungestraft lässt er niemand...“ (Exodus 34,7b)

Wer von Gottes Gnade spricht, darf den anderen Klang nicht einfach ausblenden. Denn Gott meint es ernst mit seinen Forderungen, die er gegenüber uns Menschen hat. Der Prophet Micha formuliert diese Forderung so: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor dem Gott.“ (Micha 6,8)

Dieser Klang steht aber nicht allein. Daneben erklingen auch die Worte: „Wieder und wieder erbarmt er sich unser.“ (Micha 7,19a) Das ganze Buch Micha ist durchzogen von der Sündengeschichte und von Gottes Zorn aber auch von dem Heilswillen Gottes. Beides klingt ineinander: Gottes Vergebung und der bittere Ernst seiner Forderungen. Gottes Zuspruch und Gottes Anspruch.

Das Buch Micha weiß von der Sündhaftigkeit des Menschen und rechnet zugleich mit Gottes Erbarmen.

„Hab in meinem Leben viel falsch gemacht.“ Mit dieser Selbsterkenntnis blickte ein Senior auf sein Leben zurück. Man spürt das Bedauern, es nicht mehr gut machen zu können. Was war, ist geschehen. Das Gute bleibt bruchstückhaft. Und es wäre eine Illusion, wenn es jemandem gelänge, ein perfektes Leben zu leben, eines ohne Sprünge. Fehler machen irgendwie alle. Es ist nur ehrlich, wenn man so selbst-kritisch auf sein Leben blickt: „Hab in meinem Leben viel falsch gemacht.“

Wir Menschen sind nicht perfekt. Wir sind nur ein unvollkommener Entwurf, ein Fragment, noch eine Skizze dessen, was wir nach Gottes Willen sein werden. All das, was bisher war und ist, ist nur ein unvollkommener Entwurf von dem, was wir sein werden, wenn wir Gott ganz nahe sind. Er hilft uns, unsere Bestimmung zu finden. Das ist ein lebenslanger Prozess. Wir sind auf dem Weg, als Getaufte. Wir sind zwar dadurch gerecht gesprochen und erleben die Vergebung immer wieder neu, aber wir sind noch nicht ganz, wozu wir eigentlich bestimmt sind.

Die Geschichte mit Jesus im Neuen Testament konkretisiert Gottes Erbarmen in besonderer Weise. Wo Jesus auftritt, wird deutlich: Gott fordert nicht nur, er kommt uns selbst entgegen, setzt sich mit Sündern an den Tisch, vergibt und bietet die Chance für Neuanfänge. Gott tut, was der Mensch nicht schaffen kann. Gott nagelt uns nicht fest auf unsre Fehler und Unfertigkeiten. Gott selbst hilft uns Menschen, wieder zu dem zu werden, was wir eigentlich sind, was wir aber so oft verfehlen.

So achtet Gott unser Leben, unsere Freiheit, unsere Geschichte. Und doch fordert er von jedem einzelnen von uns: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6,8)

Schaffen tun wir das nur mit Gottes Hilfe. Wenn wir uns darauf einlassen, dann kann schon hier erfahrbar werden, wie Gott uns und unsere Welt verwandelt und zu dem bringt, was sie eigentlich ist: Eine Welt voller Geschöpfe, die Gott liebt.


Abendgebet und Segen

Mein Gott,

ein reicher Tag liegt hinter mir,

angefüllt mit Erlebnissen und Erfahrungen,

Schätze und Steine im Acker des Tages.

Ich will noch einmal zurückschauen

mit dir an meiner Seite.

Zeig mir, was ich sehen soll.

Hilf mir, tiefer zu schauen.

Lenke du meinen Blick.

Mein Gott,

was gewesen ist, halte ich dir hin:

Schätze und Steine.

Nimm du sie am Abend dieses Tages.

Segne die Nacht und den kommenden Tag

und lass mich wieder alles von dir erhoffen. Amen.

 (Österreichisches Pastoralinstitut)

Autor: Pfarrer Gottfried Kaeppel
  Happurg 28.06.20