Kirchengemeinden Happurg und Kainsbach

Evangelisch-Lutherische Kirche

Abendgebet 16 2. Sonntag nach Trinitatis

 Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Regenbogen

 

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Entzünden einer Kerze

 

Lied mit Bläsern vom Fenster 
Evangelisches Gesangbuch Lied 487
    „Abend war, bald kommt die Nacht“

 

Lied stammt von Rudolf Alexander Schröder. Aus rechtlichen Gründen ist Abdruck nicht möglich. Bitte Lied im Gesangbuch zuhause nachschlagen.

 

Eröffnung allein oder im Wechsel

Herr, bleibe bei uns,

                denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.

Gott, gedenke mein nach deiner Gnade.

                Herr, erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.

                wie im Anfang so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Halleluja.

 

Gebet

Christus,
gib, dass ich in jedem Augenblick auf dich schaue.

Oft vergesse ich,

dass ich bewohnt bin von deinem Heiligen Geist,

dass du in mir betest, dass du in mir liebst.

Dein Wunder in mir ist dein Vertrauen

und dein unaufhörlich neu geschenktes Verzeihen. Amen.

(Taizé)

 

Lesung

 

Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart. Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen. Alles ist mir übergeben von meinem Vater, und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will. Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

 

Predigt

Liebe Gemeinde,

„Dass ihr mir keinen abweist“ sagte Pfarrer Bodelschwingh seinen Mitarbeitern als er eine Nachbildung von Jesus aufstellen ließ, die Jesu Ruf anschaulich macht: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“ Die Statue vor den Häusern der karitativen Einrichtungen in Lobetal, deren Gründer Bodelschwingh war, soll an Jesu Offenheit erinnern, der alle Bedürftigen einlädt, aufnimmt und für sie sorgt. Und wer daran vorbeikommt, soll sich ein Beispiel an Jesus nehmen.

„Dass ihr mir keinen abweist“. Dieses Anliegen Bodelschwinghs umzusetzen, ihm gerecht zu werden, das ist nicht leicht. Manchmal stellt es einen vor besondere Herausforderungen. Diese Erfahrung machte ein späterer Leiter jener Lobetaler Anstalten. Es war kurz nach dem die Mauer gefallen war, kurz nach der Wende vor etwa drei Jahrzehnten. Da wandelte sich auch die persönliche Situation von Erich Honecker, dem Parteichef der DDR, der eben noch stolz und selbstbewusst vor seiner vorüberziehenden Paradearmee auftrat, dessen Macht von einem Moment auf den anderen jedoch zerbröckelt war. Aus dem Parteichef war ein alter, kranker Mann geworden, der in Angst vor dem Zorn unterdrückter und misshandelter Menschen floh und nicht recht wusste, wohin er gehen sollte.

Der Pfarrer der Lobetaler Anstalten hat diesen flüchtenden, kranken und obdachlosen Ex-Parteichef in sein Haus aufgenommen. Er tat das, obwohl 8 seiner 10 Kinder trotz guter und bester Noten nicht die erweiterte Oberschule besuchen durfte. Unter dem SED-Regime war es Pfarrerskindern oftmals verboten, eine solche Schule zu besuchen. Ein Unrecht, das den Pfarrer nicht hinderte, Honecker aufzunehmen. Und auch den Protest und die Anfeindung vieler anderer nahm er in Kauf. In einem öffentlichen Brief erinnerte er vielmehr an die besondere Verpflichtung, die wir Christen hätten.

„Dass ihr mir keinen abweist“. Es ist nicht leicht diesem Anliegen immer und in jedem Fall gerecht zu werden. Es kann auch eine Last sein, die schwer ist. Pfarrer Holmer war bereit, diese Last zu tragen trotz des Unrechts, das er erfahren hatte. Hätten wir ebenso gehandelt?

„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir.“ So sagt Jesus. Pfarrer Bodelschwingh, Pfarrer Holmer und viele andere haben diesen Ruf Jesu ernst genommen. Sie haben erlebt, dass es da nicht um ein lockeres und sorgenfreies Leben geht. Sie haben erlebt, dass der, der Jesu Ruf ernst nimmt, auch Lasten trägt. Was ermutigte Holmer die Last so bereitwillig zu tragen? Vielleicht war es die Perspektive, die er vor Augen hatte. Wollte er doch mit seinem Handeln Mut machen für neues Denken und neues Handeln, für ein anderes Handeln als es die Menschen unter dem SED-Regime erlebt hatten. Vielleicht war es auch die tiefe Verbindung mit Jesus, aus der er Kraft schöpfte. Schließlich ermutigte Jesu Ruf dem Pfarrer trotz des Unrechts an seinen Kindern, andere Wege zu gehen.

„So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen“ verheißt Jesus denen, die seinem Ruf folgen. Was das bedeutet, sehen wir beispielhaft an den Ereignissen in Lobetal. Statt dem Hass und der Wut Raum zugeben, war Pfarrer Holmer bereit, zu vergeben: „Wir haben jedoch darüber keine Bitterkeit in unserem Herzen, da wir in der Nachfolge unsres Herrn wirklich vergeben haben“. So erlebte Holmer, dass Jesu Ruf nicht nur eine Last mit sich bringt, sondern alte Wunden auch lindert.

„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ Nicht jeder ist bereit, dem Ruf Jesu zu folgen. Mancher hat noch gar nicht erkannt, welche Chance in jenem Ruf steckt. Wie gut, dass der Ruf Jesu noch nicht verstummt ist und noch viele die Möglichkeit haben, zu entdecken, was dahintersteckt.

„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ Ein Ruf, der wohltuend klingt. Ich frage mich allerdings, weshalb der Ruf Jesu sich nur auf alle die bezieht, die mühselig und beladen sind. Weshalb diese Einschränkung? Sollte der Ruf nicht auch alle anderen ansprechen? Oder sind nur die Mühseligen und Beladenen besonders empfänglich für Jesu Ruf, weil nur die, die ganz am Boden liegen, wirklich erkennen, was sie davon haben? Ganz abwegig ist der Gedanke ja nicht, dass der, der unten ist, sich keine Illusionen mehr macht, über alles Bescheid zu wissen. Wer unten ist, kommt zum Nachdenken und Zweifeln. Er ist womöglich auch empfänglicher als der, der oben auf der Welle des Erfolgs schwimmt. Wie sehr uns Täler zum Nachsinnen anregen, erleben wir derzeit selbst hautnah. Insofern steckt in unsrer Situation auch eine Chance, die Sache mit Gott und Jesus noch einmal neu zu bedenken.

Unmittelbar vor dem Heilandsruf wird im Matthäusevangelium die Ablehnung von Jesu Sendung genannt. Menschen haben Jesu Ruf gehört, aber abgelehnt. Nicht alle haben erkannt, welche Bedeutung Jesus für sie hat. Während die einen es erkennen, bleibt anderen der Blick dafür verschlossen. Dass Menschen erkennen, wer Jesus ist und welche Bedeutung er für ihr Leben spielt, wird im Evangelium jedoch als Gabe Gottes verstanden, als eine Erkenntnis, die Gott ins Herz legt. Diese Spur mag uns daran erinnern, dass wir bei all unseren klugen Gedanken über Gott und unser Leben immer angewiesen sind auf die Kraft eines anderen: auf die Kraft des Heiligen Geistes, der unseren Glauben belebt, nährt und stärkt. Bei allem Nachsinnen und Schürfen bedürfen wir also unbedingt des Gebets. Darum predigen wir nicht nur in jedem Gottesdienst, sondern beten auch und legen uns so – neben allen klugen Gedanken – immer wieder neu in Gottes Hände.

Und wir dürfen bei jedem Gebet wissen: Gott weist uns nicht ab. Er hat immer ein offenes Ohr für uns.

Luthers Abendsegen Evangelisches Gesangbuch, S. 1447

Ich danke dir, mein himmlischer Vater,
durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn,
dass du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast

und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünde,
wo ich Unrecht getan habe,
und mich diese Nacht gnädiglich behüten.

Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele
und alles in deine Hände.
Dein heiliger Engel sei mit mir,
dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Amen.

 

Autor: Pfarrer Gottfried Kaeppel
  Happurg 21.06.20