Kirchengemeinden Happurg und Kainsbach

Evangelisch-Lutherische Kirche

Abendgebet 15 1. Sonntag nach Trinitatis

 Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Orgel

 

Zum Ausdrucken:

PDF Document icon   Abendgebet  

 

Entzünden einer Kerze

 

Lied mit Bläsern vom Fenster


in Happurg: Evangelisches Gesangbuch Lied 165
Gott ist gegenwärtig

1.   Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte. Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge. Wer ihn kennt, wer ihn nennt, schlag die Augen nieder; kommt, ergebt euch wieder.

2.   Gott ist gegenwärtig, dem die Cherubinen Tag und Nacht gebücket dienen. Heilig, heilig, heilig! singen ihm zur Ehre aller Engel hohe Chöre. Herr, vernimm unsre Stimm, da auch wir Geringen unsre Opfer bringen.

3.   Herr, komm in mir wohnen, lass mein Geist auf Erden dir ein Heiligtum noch werden; komm, du nahes Wesen, dich in mir verkläre, dass ich dich stets lieb und ehre. Wo ich geh, sitz und steh, lass mich dich erblicken und vor dir mich bücken.

 

in Kainsbach: Evangelisches Gesangbuch Lied 479
Der lieben Sonne Licht und Pracht


 

1.  Der lieben Sonne Licht und Pracht hat nun den Tag vollführet, die Welt hat sich zur Ruh gemacht; tu, Seel, was dir gebühret, tritt an die Himmelstür und bring ein Lied herfür; lass deine Augen, Herz und Sinn auf Jesum sein gerichtet hin!

2.  Ihr hellen Sterne leuchtet wohl und gebet eure Strahlen, ihr macht die Nacht des Lichtes voll; doch noch zu tausend Malen scheint heller in mein Herz die ewig Himmelskerz, mein Jesus, meiner Seele Ruhm, mein Schatz, mein Schutz, mein Eigentum.

3.  Mit Dir will ich zu Bette gehn, Dir will ich mich befehlen; Du wirst, mein Schutzherr, auf mich sehn zum Besten meiner Seelen. Ich fürchte keine Not, auch selber nicht den Tod; denn wer mit Jesus schlafen geht, mit Freuden wieder aufersteht.

 

Eröffnung und Psalm 34 allein oder im Wechsel

Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Ich will den Herrn loben allezeit;
sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.

Meine Seele soll sich rühmen des Herrn,
dass es die Elenden hören und sich freuen.

Preiset mit mir den Herrn
und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen!

Da ich den Herrn suchte, antwortete er mir
und errettete mich aus aller meiner Furcht.

Da auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude,
und ihr Angesicht wird nicht beschämt.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist

wie im Anfang so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Predigt

Gott suchen, das ist kein leichtes Unterfangen. Schon viele Menschen haben sich aufgemacht, um Gott zu suchen. Manche sind dafür sogar schon weite Wege gelaufen, wochenlang zu Fuß bis Santiago de Compostela, und haben dabei auch die Erfahrung gemacht, dass die Suche nach Gott zugleich auch eine Suche nach sich selbst sein kann. Die Pilgerreise ist aber nicht die einzige Art, wie Menschen nach Gott suchen.

Einige beschäftigen sich auch intensiv mit Theologie und Philosophie, grübeln, suchen, fragen, allein oder miteinander im Gespräch. Wie diese, so hat auch Thomas Gottschalk sich auf die Suche nach Gott gemacht und seinen Glauben hinterfragt, obwohl er ihn immer als ein hilfreiches Moment in seinem Leben erlebt hatte. Er berichtet davon in seiner Autobiografie. Bei seiner Gottsuche machte Gottschalk eine Beobachtung, die er in folgende Worte fasst: „So viele schlaue Menschen, alle klüger als ich, haben viele Stunden ihres Lebens damit verbracht, nach Gott zu suchen, haben vermutet, hochgerechnet und gehofft, aber im Grunde nichts gefunden.“

Ist das nicht ernüchternd?, was Gottschalk hier feststellt. Lohnt es sich angesichts solcher Aussicht überhaupt, sich auf dieses Unterfangen einzulassen? Der Bibel nach schon. „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen“, heißt es dort. Aber wie soll das gelingen, wenn doch schon so viele Menschen scheiterten? Der Evangelist Johannes macht uns in seinem Predigttext Hoffnung, dass es doch nicht so aussichtslos ist, wie es scheint. Er schildert eine Begegnung zwischen Nikodemus und Jesus. Hört selbst, was der Evangelist schreibt:

Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Oberster der Juden. Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden? Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von Neuem geboren werden. Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist. Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie mag das zugehen? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du bist Israels Lehrer und weißt das nicht? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und ihr nehmt unser Zeugnis nicht an. Glaubt ihr nicht, wenn ich euch von irdischen Dingen sage, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch von himmlischen Dingen sage? Und niemand ist gen Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich der Menschensohn. Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.                                     (Johannes 3,1-15)

Die nächtliche Szene dieses Gesprächs lässt ahnen, dass auch Nikodemus ein Gottsucher ist, der im Dunkeln tappt und nicht recht vorwärtskommt. Wie verzweifelt muss er wohl gewesen sein, wenn er sich noch mitten in der Nacht aufmachte, um Jesus zu treffen. Drängende und brennende Fragen müssen ihn bewegt haben. Als er jedoch vor Jesus steht, bringt er keine Frage über die Lippen. Stattdessen beginnt er ziemlich hölzern mit einem „Wir wissen“ und verschanzt sich hinter dem Gebäude seines Gelehrtenstandes. „Wir wissen, dass du als ein Lehrer von Gott gekommen bist.“ Und Jesus gibt daraufhin eine Antwort auf eine Frage, die zuvor gar nicht gestellt worden ist.

Was will Nikodemus? Was will Jesus? Beide reden völlig aneinander vorbei. Und erst nach und nach hat man den Anschein, als würde Jesus gleichsam wie eine Hebamme fungieren und Nikodemus helfen, überhaupt die rechte Frage zu finden auf eine Antwort, die er längst schon gegeben hat: „Amen, amen ich sage dir, wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“

Man merkt regelrecht, wie sich in Nikodemus Kopf die Fragen stapeln. Neu geboren werden? Wie soll das gehen? Wie soll ich mir das vorstellen? Wie kann ein Mensch geboren werden, der schon ein alter Greis ist? Kann einer ein zweites Mal in den Leib seiner Mutter eintreten und neu geboren werden? Das ist doch wohl ausgeschlossen. Das geht nicht. Nikodemus gerät mit seinem Denken sichtlich an Grenzen und verstummt schließlich.

Diese Szene stellt beispielhaft dar, was das Grundproblem vieler Grübelein über Gott ist: Unser Denken und Reden ist gebunden an das, was wir an Sinneseindrücken verarbeiten, erkennen, deuten und in Sprache bringen. Wir Menschen kommen mit unserem Denken über irdische Maßstäbe nicht hinaus. Und wo wir darüber hinauszukommen versuchen, entzieht sich unser Denken der Überprüfbarkeit, wird zur puren Behauptung, macht den Anschein einer Illusion. Angesichts dieser Begrenztheit unseres Denkens und Redens ist es kein Wunder, dass man sich dabei im Grunde immer und immer wieder nur im Kreis dreht und wir über uns selbst nicht hinauskommen.

Wie soll man da von Gott reden können? Es ist doch ganz offensichtlich ein unmögliches Unterfangen. So unmöglich, dass man Gott argumentativ weder beweisen noch widerlegen kann. Wer angesichts dieser Unmöglichkeit dennoch an Gott glaubt, der kann letztlich nur wie Thomas Gottschalk von ihm sagen: „Der mich hoffentlich versteht und den ich nie verstehen werde.“

Wir verstehen Gott nicht. Und trotzdem reden wir von ihm, feiern Gottesdienst hier in der St. Georgskirche und in vielen anderen Kirchen. Wir reden von Gott mit unseren menschlichen Worten. Wie ist das möglich? Möglich ist das nur, weil Gott sich selbst zu erkennen gibt, weil er selbst Mensch geworden ist in Jesus Christus, weil Gott selbst die Kluft überwindet, die zwischen uns und ihm ist. Nur deswegen sind wir überhaupt fähig von ihm zu reden. Und dennoch, obwohl Gott so konkret Mensch wurde und sich uns offenbart hat, bleibt er uns fremd, bleibt er ein Geheimnis. „Der Geist weht wo er will und du hörst sein sausen wohl, aber du weißt nicht, von wo er kommt und wohin er geht.“ So unfassbar ist Gott.

Und wenn wir überhaupt etwas von Gott begreifen, dann geschieht das Begreifen von Gott aus den Glaubenserfahrungen heraus. Und so wie der Glaube ein Prozess, ein Werden ist, so wie das Frommsein ein Werden ist, so ist im Grunde eben auch das Verstehen von Gott ein Werden. Aus dem Trockenen, ohne Glauben, gleichsam im Vorgriff, wie Nikodemus es versucht, ist das Verstehen überhaupt nicht möglich. Jesus lässt sich nicht wie ein Wissen fassen, sein Zeugnis lässt sich nicht wie eine Bedienungs-anleitung zur Lebenskunst vermitteln, wo man das und das tun muss, damit alles passt. Jesus fordert dagegen zum Wagnis heraus. Nikodemus soll hinter seinem Gedankengebäude hervorkommen und sich wirklich auf Gottes Geist einlassen und das wagen trotz aller Unwägbarkeiten.

„Amen, amen ich sage dir, wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ Als Jesus das gesagt hatte, sind die Runzeln auf Nikodemus Stirn noch immer nicht verschwunden. Noch immer ringt er ums Verstehen und formuliert seine letzte Frage. Wie soll das geschehen? Die Antwort ist für uns heute leicht. Durch die Taufe. Aber warum muss ich überhaupt neu geboren werden aus Wasser und Geist? Warum muss ich getauft sein?

Der Dichter Paul Gerhardt gibt uns in einem Osterlied folgende Antwort: „Ich hang und bleib auch hangen an Christus als ein Glied. Wo sein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit.“ Weil es so tröstlich ist, braucht es die Taufe. Weil nur so die Misere, die uns von Gott trennt, überwunden werden kann. Denn da, wo Christus hingeht, nimmt er mich auch mit, immer, unverbrüchlich gilt das. Er zieht mich aus der Dunkelheit ins Licht, aus dem Zweifel in die Gewissheit, vom Tod ins Leben. Ich bin getauft. Paul Gerhardt hat sich das mit seinem Liedvers bewusst gemacht, vielleicht auch immer wieder selbst zugesungen, damit er es auch im größten Zweifel, in der größten Finsternis nicht vergisst: „Ich hang und bleib auch hangen an Christus als ein Glied. Wo sein Haupt durch ist gangen, da nimmt er mich auch mit.“

Ob Nikodemus den Trost diese Neugeburt erleben konnte, wissen wir nicht. Allerdings hat die Sache mit Jesus ihn nicht mehr losgelassen. Das nächtliche Gespräch hat etwas in ihm ausgelöst. Später, als Jesus vor den Hohen Rat gestellt wird, tritt Nikodemus als vorsichtiger Verteidiger auf und auch bei seiner Grablegung ist er dabei. 100 Pfund Myrrhe gemischt mit Aloe stiftet er für die Einbalsamierung Jesu. Das wirkt wie ein spätes öffentliches Bekenntnis. Und so hat er wohl erst nach Jesu Tod am Kreuz wirklich verstanden, was Jesus gesagt hatte.

Gebet

Ich bete für die Unterdrückten und Benachteiligten in unsrer Welt und bitte:
Hilf uns allen zu einem guten Miteinander.

Gütiger Gott erhöre mich.

Ich bete zu dir, dass sichtbare und unsichtbare Mauern fallen, die Menschen voneinander trennen:
Gütiger Gott, erhöre mich.

Ich bete zu dir für unsere Familie aber auch für meine Freunde und Nachbarn:
Gütiger Gott, erhöre mich.

Ich bete zu dir für alle jene, die von Sorgen gequält werden oder von Trauer um einen lieben Menschen belastet sind. Steh ihnen bei.
Gütiger Gott, erhöre mich.

Dein Reich komme, Vater im Himmel,
damit wir in Freude deinen Sohn schauen,
Jesus Christus, unseren einzigen Mittler und Heiland.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.

Amen.

Segensbitte

Gott, erfülle mich an diesem Abend mit Dankbarkeit...

für schöne Momente unter dem freien Himmel
für gute Worte und Begegnungen

für ...

Hab Dank für alles und lass mich auch dem kommenden Tag mit Dank begegnen, der ich um deinen Segen bitte.
So schenke mir und allen meinen Lieben eine ruhige Nacht.
Amen.


 

Autor: Pfarrer Gottfried Kaeppel
  Happurg 14.06.20